AG: Spitalseelsorge an Corona-Patienten

Aargauer Spitalseelsorger bereitet sich auf Corona-Patienten vor: «Es gilt, das Grundvertrauen zu bewahren». Bald wird Stefan Hertrampf seinen ersten Covid-19-Patienten betreuen. Wie er sich vorbereitet – und wie Szenen wie in Italien verhindert werden sollen.

Die Corona-Welle ist in der Schweiz angekommen. Für die Seelsorgerinnen und Seelsorger in den Aargauer Kantonsspitälern hat die zusätzliche Arbeit derweil schon längst begonnen. «Seit ein Besuchsverbot gilt, sind wir für viele Patienten neben dem Gesundheitspersonal die einzigen Kontakte», sagt Theologe Stefan Hertrampf, stellvertretender Fachstellenleiter der Spital-, Klinik- und Heimseelsorge der römisch-katholischen Landeskirche.

Beat Weber

Quelle:
» Aargauer Zeitung (22.3.2020)



Foto:
Stefan Hertrampf, Theologe und Spitalseelsorger: «Empathie zu vermitteln im Schutzanzug, ist nicht ganz einfach», © zvg.

Bericht:
Die Corona-Welle ist in der Schweiz angekommen. Für die Seelsorgerinnen und Seelsorger in den Aargauer Kantonsspitälern hat die zusätzliche Arbeit derweil schon längst begonnen. «Seit ein Besuchsverbot gilt, sind wir für viele Patienten neben dem Gesundheitspersonal die einzigen Kontakte», sagt Theologe Stefan Hertrampf, stellvertretender Fachstellenleiter der Spital-, Klinik- und Heimseelsorge der römisch-katholischen Landeskirche.
«Unsere wichtigste Aufgabe ist das Zuhören. Wir urteilen nicht, wir werten nicht, wir missionieren nicht. Manchmal genügt es, einfach nur da zu sein und gar nichts zu sagen. Das wird nicht anders sein, wenn wir einen Covid-19-Patienten vor uns haben.»

In den Kantonsspitälern Aarau und Baden sind insgesamt neun Seelsorger der katholischen und reformierten Landeskirchen im Einsatz. «Auf eine solche Situation, wie sie nun auf uns zukommen wird, kann man sich nur bedingt vorbereiten», sagt Hertrampf. «Wir gehen davon aus, dass das Bedürfnis nach Gesprächen mit uns in den kommenden Tagen und Wochen weiter zunehmen wird, sowohl bei Patienten im Spital als auch beim Personal.»
Bei den Gesprächen mit den Seelsorgern gebe der Patient oder die Patientin das Thema vor. «Mit uns kann man über alles reden. Trost spenden heisst nicht, Menschen Ratschläge zu erteilen, und schon gar nicht, Floskeln zu verwenden wie: ‹Das geht auch wieder vorbei›.» Hilfreich sei das Dasein, das Anerkennen des Leids, sagt Hertrampf. «Es gibt keine Rezepte, die man auspacken könnte und die auf jeden Patienten passen. Wir begleiten Menschen individuell. Das ist aber auch in normalen Zeiten so.»
Falls ein Corona-Patient um ein Gespräch mit einem Seel­sorger bittet, «werden wir den Raum selbstverständlich mit Schutzanzug betreten. Für uns ist das nichts Neues. Wir haben auch schon in der Vergangenheit Gespräche mit Patienten geführt, die isoliert waren.» Der Anzug führe zwar zu einer gewissen Distanz, weil man das Gesicht kaum sehe. «Emotionen und Empathie zu vermitteln, ist auf diese Weise nicht ganz einfach. Die Akzeptanz der Patienten ist aber gross, sie wissen, warum wir so ausgestattet sind.»
Die Belastung des Personals sei durch die Corona-Krise gestiegen und werde noch steigen. Eine gewisse Anspannung sei derzeit bei allen spürbar. «Auch bei mir persönlich. Das Unheimliche ist, dass das Virus uns allen näher kommt, aber nicht sichtbar ist. Es gilt jetzt, das Grundvertrauen zu bewahren», sagt Hertrampf. Um das Personal noch besser unterstützen zu können, haben die Spitalseel­sorge sowie der Fachbereich Psychosomatik und Psychoonkologie im Kantonsspital Aarau einen zusätzlichen Dienst zur psychologischen Unterstützung eingerichtet.
Herzzerreissende Momente wie in Italien vermeiden

Die hoffnungsvolle Nachricht: Herzzerreissende Szenen wie in Italien sollen in Aargauer Spitälern vermieden werden. «Das Schlimme ist, dass die Patienten allein sind. Wie sie weinen und darum betteln, ihren Kindern und Enkel ‹Auf Wiedersehen› zu sagen», berichtete Francesca Cortellaro, Notfallmedizinerin Spital San Carlo Borromeo in Mailand. Patienten in Aargauer Spitälern dürfen zwar zurzeit keine privaten Besuche empfangen, davon ausgenommen seien aber Patienten in ausserordentlichen Situationen, sagt Stefan Hertrampf.

… und ein nochmals ganz anderer » Bericht aus Bergamo

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