LU: Hohe Einsatzzahlen bei Notfallseelsorge/Care-Team

Notfallseelsorgende und Care Givers haben im vergangenen Jahr 90 Einsätze geleistet, fast gleich viele Einsätze geleistet wie im Rekordjahr 2018. Die Organisation Ökumenische Notfallseelsorge/Care Team Kanton LU besteht in dieser Form seit rund sieben Jahren, als sich die beiden Partner zusammenschlossen. Sie wird gemeinsam getragen von den drei Luzerner Landeskirchen und vom Kanton. Die Leitung des NFS/Care-Teams teilen sich Christoph Beeler-Longobardi, Leiter des Pastoralraums Oberseetal, und Pastoralraumleiter, sowie Thomas Seitz. Das Team besteht zurzeit aus 37 aktiven Mitarbeitenden.

Beat Weber, » 

Medienmitteilung (kath. LU, 20.1.2020)

Am häufigsten aufgeboten wurden Notfallseelsorgende und Care Givers von » NFS/CT LU (wie 2018) bei Suiziden (23, Vorjahr 25) und ausserordentlichen Todesfällen (36, Vorjahr 33). Der Aufwand an Personal und Stunden sank leicht: auf 863 Stunden gegenüber 956 im Vorjahr. Das ergibt immer noch weit über neun Stunden pro Einsatz. Bei manchen Einsätzen rücken mehr Notfallseelsorgende/Care Givers aus als die üblichen zwei.

Aussergewöhnliche Todesfälle, von denen es 2019 leicht mehr gab als im Jahr zuvor, sind beispielsweise plötzliches Herzversagen in der Öffentlichkeit oder daheim. In diesen Bereich fallen auch Todesfälle nach längerer Krankheit. Hier gelangen auch Aufgebote an die NFS/CT, die keine eigentlichen Care-Einsätze sind und früher von den ortsansässigen Pfarrämtern übernommen wurden. Notfallseelsorge/CareTeam haben es immer wieder mit Betroffenen zu tun, die kaum ein soziales Netz und niemanden haben, der sie in der Not auffangen könnte.

Die Care-Arbeit hat sich weiter gefestigt und wird von den Betroffenen gerne in Anspruch genommen. Es werden, um professioneller arbeiten zu können, grundsätzlich Zweierteams statt wie früher Einzelpersonen aufgeboten.

NW/OW: 10 Jahre Care Teams (2010–2020)

2010 haben die Kantone NW und OW die Aufgaben von der Zentralschweizer Gesamtorganisation übernommen und eigene Teams aufgebaut. Seither führt jeder Kanton der Zentralschweiz ein eigenes Care Team. Diese koordinieren sich und arbeiten bei Bedarf im Verbund der Care Organisation Zentralschweiz (COZS: UR, SZ, NW, OW, LU, ZG) zusammen. Die neuen Strukturen haben sich bewährt. Auslöser für die Gründung der Zentralschweizer Care Teams war das Attentat im Zuger Kantonsparlament im September 2001, bei dem 14 Politiker ums Leben kamen.

» Bericht Luzerner Zeitung (M. Piazza, 23.1.2020)

Nidwalden:
Rund ein Dutzend Mal pro Jahr werden die Care-Givers von der Polizei aufgeboten, wenngleich die Dramen sich meistens unter Ausschluss der Öffentlichkeit abspielen. In NW (mit Engelberg OW) ist das » Care-Team der Gesundheits- und Sozialdirektion unterstellt. Marino Bosoppi-Langenauer, der damals schon dabei war, zieht eine positive Bilanz zur Dezentralisierung und der neuen Trägerschaft. «Wir haben kurze Anfahrtswege, kennen viele Polizisten, Rettungssanitäter und sonstige Mitglieder von Blaulichtorganisationen, mit denen wir eng zusammenarbeiten, gut.» Die 17 teils langjährigen Mitglieder, die zwischen 34 und 70 Jahre alt sind und von unterschiedlichen Berufen herkommen, werden in einem fünftägigen Kurs auf ihre Arbeit vorbereitet und bilden sich regelmässig weiter.

Obwalden:
Das 10-köpfige » Care-Team leistete 2019 sechs und 2018 dreizehn Einsätze. Es ist mit demselben Auftrag wie in NW unterwegs, ist aber anders als das Team von NW dem Zivilschutz angegliedert. Leiterin Janine Tettamanti ist damit zufrieden – nicht nur in organisatorischer Hinsicht: «Wir sind wie ein Zivilschutzangehöriger versichert, werden auf Stundenbasis entlöhnt. Und der Arbeitgeber erhält für die Zeit, in der wir am Arbeitsplatz fehlen, eine Erwerbsausfall-Entschädigung.»

LU: Hoher Sponsorbeitrag

Am 19. Jan. 2020 überreichte die «Bahnhof-Guuggete Lozärn» einen Check von 10'000 Franken an Notfallseelsorge/Care-Team LU, der in den Fonds der Notfallseelsorge fliesst.

Beat Weber, » 

Check von 10'000 Franken

Medienmitteilung (kath. LU, 27.1.2020)

Der Verein «Bahnhof-Guuggete» ist seit vielen Jahren für die fasnächtliche Dekoration besorgt, die über dem Dach des Bahnhof-Shopping Luzern schwebt. Der Spendenbetrag ist jeweils der Erlös aus der Festwirtschaft am Vernissagentag. Notfallseelsorge-Co-Leiter Christoph Beeler freut sich über die Spende: «Dies zeigt den Rückhalt unseres Dienstes in der Bevölkerung und ist eine Geste der Anerkennung unserer Arbeit.» Der Fonds ermöglicht es vor allem, Mitglieder über das gesetzliche AHV-Alter im Team zu behalten. Die «Bahnhof-Guuggete Lozärn» ist der inoffizielle Start in die Luzerner Vorfasnachtszeit. Seit 1992 findet sie meistens am ersten Samstag nach Neujahr statt, dieses Jahr war dies am Samstag, 18. Januar.

Buch: Validation für Einsatzkräfte

Unseren Arbeitsbereich betreffend sei folgendes Buch vorgestellt.

Beat Weber,

Bibliographie:
Vicki de Klerk-Rubin, Validation für Einsatzkräfte. Altersverwirrte Menschen in Notsituationen begleiten (Reinhardts Gerontologische Reihe 57), München (Ernst Reinhardt Verlag) 2020, Paperback, 105 S. (mit Lernmaterialien im Buch und Online); ca. SFr. 40; ISBN 978-3-497-02887-0.

» Buchpräsentation
» Inhaltsverzeichnis
» Leseprobe

Kurzvorstellung (Klappentext):
In Notfällen zählt jede Sekunde. Hochaltrigen desorientierten Menschen in einer Notsituation zu helfen ist besonders anspruchsvoll, denn sie können ihre Lage oft nicht richtig einschätzen. Im Extremfall arbeiten sie aktiv gegen ihre professionellen Helfer an. Polizisten, Sanitäter und Feuerwehrleute kennen diese Schwierigkeiten und wissen doch oft nicht, wie ihnen begegnet werden kann. Vicki de Klerk-Rubins Buch zeigt, wie man Ersthilfe bei Demenz leistet. Lebensnah und mit situationsbezogenen Beispielen führt die Autorin Einsatzkräfte in die Methode der » Validation ein. Sie erklärt, wie Menschen mit Demenz in Stresssituationen erreicht werden. So wird schnelle, effektive Ersthilfe bei Demenzmöglich und der Rettungseinsatz verläuft erfolgreich. In der Altenpflege längst bewährt, hilft Validation nun auch, Menschenleben zu retten.

Zielgruppe:
Professionelle Einsatzkräfte von Rettungsdienst, Polizei, Feuerwehr u.a.; Schulungspersonal

Autorin:
» Vicki de Klerk-Rubin, Den Haag, Niederlande, ist Krankenschwester, Validations-Master und Geschäftsführerin des » Validation Training Institute in Pleasant Hill, Oregon (U.S.A.). Mit ihrer Mutter » Naomi Feil, die die Methode begründet hat, entwickelt sie Validation weiter und betreut Validations-Trainingsinstitute in Europa.

Video:
» Validation: ein Weg zwischen … mit Vicki de Klerk-Rubin (von Robert Puchner)

Buchbesprechung:
Eine Vorstellung und Besprechung des Buches, verfasst durch den Geschäftsführer CNS/CAS, findet sich nachstehend im Anhang.

BE: Muslimischer Seelsorger am Inselspital

Per 1. Dezember 2019 ergänzt Zeadin Mustafi (Foto) als muslimischer Seelsorger das Seelsorge/Care-Team des Berner Inselspitals. Mit einem Pensum von 10 Prozent wird er vor allem muslimische Patientinnen und Patienten und deren Angehörige sowie Mitarbeitende des Inselspitals in anspruchsvollen Situationen begleiten.

Beat Weber



Zeadin Mustafi ist in Tetovo (Nordmazedonien) geboren. Er hat in Bursa (Türkei) Islamische Theologie studiert und in Wien einen Master of Arts in Islamischer Religionspädagogik abgeschlossen.

Seine Erfahrungen als Religionslehrer in Wien, als Gefängnis- und Spitalseelsorger im Landesklinikum Hollabrunn und Horn sowie seine sprachlichen, interreligiösen und sozialen Kompetenzen zeichnen ihn aus und qualifizieren ihn als Spitalseelsorger. Zeadin Mustafi spricht v. a. Deutsch, Albanisch, Mazedonisch und Türkisch, kann sich aber auch auf Englisch und Französisch verständigen.

In Krisensituationen oder im Sterben ist der Kontakt zu einer Person, die die eigene Sprache spricht und die eigenen kulturellen Hintergründe und religiösen Überzeugungen kennt und teilt, eine wichtige Ressource. Mit der Anstellung eines muslimischen Seelsorgers wird diesem Bedürfnis bei Patientinnen und Patienten mit islamischem Hintergrund Rechnung getragen.

Zeadin Mustafi wird jedoch auch dem pflegerischen und ärztlichen Personal des Inselspitals zur Verfügung stehen, etwa bei der Übermittlung von medizinischen Informationen oder bei Unsicherheiten und Konflikten aufgrund unterschiedlicher kulturell bedingter Wertvorstellungen und Handhabungen.

Quelle: » Spitalseelsorge Schweiz (Info-Brief Dez. 2019)
Thomas Wild, Co-Leiter Seelsorge Inselspital,

CNS/CAS: Konzepte Krisenintervention

n Literatur und Praxis zu CARE-Einsätze finden sich verschiedene Interventionstechniken und Einsatzkonzepte. Sie werden meist anhand eines Kürzels mit den Anfangsbuchstaben der Massnahmen benennant (Akronyme) Aus dem Fundus unserer Weiterbildungsmaterialien seien nachfolgende einige Vorgehenssettings in etwas verkürzter bzw. modifizierter Form vorgestellt. Es sind dies gewisse Hilfen, keine automatisch zu handhabenden Schablonen. Die Unterschiede mit Blick auf die Geschehnisse und die uns begegnenden Menschen sind zu bedenken.– Mitglieder CNS/CAS können sich diese und weitere Materialdossier und Ausbildungsressourcen besorgen und intern nutzen. Mehr dazu » hier.

Das Konzept EVA:
E = Einstieg / V = Verarbeitung / A = Ausblick
1. Einstieg
• Ich nehme die gleiche Höhe wie der Betroffene ein!
• „Ich heisse NN und bin hier Betreuer. Ich stehe Ihnen gerne zur Unterstützung bereit!“
• Vor allem da sein, es muss nicht immer gesprochen werden.
2. Verarbeitung
• „Was ist Ihnen passiert?“ (Reden lassen)
• Wenn ich den Ablauf eines Ereignisses richtig nacherzählen kann, hat mich mein Gegenüber verstanden!
• Den Ablauf eines Ereignisses nachzuerzählen hilft, das Ereignis zu begreifen!
• „Was belastet Sie am Geschehenen?“
3. Ausblick
• „Was möchten Sie jetzt tun?“ Oder eventuell: „Ich schlage Ihnen vor...“
• „Kann ich Ihnen dabei helfen oder eine Hilfe vermitteln?“
• „Es ist möglich, dass Sie in nächster Zeit unruhig sind, Erinnerungen und Bilder auftauchen… dass Sie Angst haben, träumen oder nicht schlafen können. Solche Reaktionen sind natürlich – sie klingen nach einer gewissen Zeit ab – besonders, wenn Sie mit jemanden darüber sprechen können.“
• „Wenn solche Reaktionen in ein paar Wochen nicht verschwinden, müssen Sie sich bei Ihrem Hausarzt melden!“
• „Ich danke Ihnen für Ihr Vertrauen! Ich wünsche Ihnen alles Gute!“

Das Konzept AGGA:
A = Ablauf / G = Gedanken / G = Gefühle / A = Ausblick
1. Ablauf des Ereignisses
• Vom Ausgangspunkt => bis es wieder gut war
2. Gedanken und Fragen (z.B.)
• Warum?
• Verantwortung / Schuld
• Wiedergutmachung
• Sinn des Lebens
• Wie weiter?
3. Gefühle
• „Ist es möglich, dass dieses Ereignis Sie belastet?“
• „Was war für Sie das Schwierigste?“
• „Was war für Sie das Schönste/Hilfreichste?“
4. Ausblick
• Jeder Mensch hat Selbstheilungskräfte!
• Jeder Mitmensch steht in einem sozialen Netz!
• Fachhilfen vermitteln: Arzt, Seelsorge, Psychologie, Psychiatrie

Das Konzept BELLA:
B = Beziehung / E = Erfassen Situation / L = Linderung / L = Leute einbeziehen / A = Ansatz zur Bewältigung
1. Beziehung aufbauen:
• Sich vorstellen: „Ich heisse ..., ich kann bei Ihnen bleiben, bis das Schwierigste überstanden ist!“
• Einen ruhigen und geschützten Ort für das Gespräch suchen
• Bequeme Haltung ermöglichen (Sitz, Decke)
• Sich auf gleiche Höhe wie der Betroffene begeben, sich von vorne nähern
• Den/die Gesprächspartner ernst nehmen
2. Erfassen der Situation:
• Nach dem Geschehen fragen. Zuhören, Betoffene sprechen lassen
• Was bedeutet die Krise für die Gesprächspartner?
• Schweigen aushalten!
• Allenfalls nachfragen: „Ich will die Sache besser verstehen: Was ist genau passiert?“
• Aktives Zuhören: „Habe ich richtig verstanden: Es lief so ab: ...? – Es beschäftigt Sie jetzt am Meisten: ...?“
3. Linderung von Symptomen:
• Entlasten: „Sie dürfen sich entspannen. Wir schauen im Moment für sie, bis alles wieder gut wird!“
• Ordnen lassen: „Was können wir für Sie tun?“
• Gefühle ausdrücken lassen: „Sie dürfen ruhig weinen usw – das tut gut!“
4. Leute einbeziehen:
• Menschen aus der Umgebung der Gesprächspartner
• Daneben Stehende (Partner, Nachbarn, Verwandte) einbeziehen: „Was könnten wir jetzt für ... tun?“
• Nach Menschen aus der Umgebung (Partner, Kinder, Nachbarn, Verwandte) fragen: „Können Sie diese ... / Dür-fen wir diese (wenn der Betroffene selber nicht kann) benachrichtigen?“
• Allenfalls beiziehen/hinweisen auf: Ortsseelsorgern, Hausarzt, Notfallpsychologe, Selbsthilfegruppen.
5. Ansatz zur Bewältigung
• Das Problem definieren: „Sehe ich richtig: Wir wollen nun Folgendes regeln: ...? Sehen Sie noch Weiteres, das wir tun müssen?“
• Widersprüchlichkeiten sehen
• Gefühlsmässige und reale Bedeutung erfassen
• Mögliche nächste Schritte ansprechen, evtl. einleiten.
• Ordnen: „Was packen wir als erstes an? Wer erledigt das?“
• Eventuell von Verstorbenen Abschied nehmen.

Das Konzept PAKT:
P = Präsenz / A = Abschirmen / K = Kommunizieren / T = Teilnehmen
1. Präsenz zeigen, d.h. in unmittelbarer Nähe bei dem Betroffenen bleiben und ihn spüren lassen, daß er nicht alleine ist.
2. Abschirmen, d.h. den Betroffenen vor den unangenehmen Blicken Neugieriger schützen, Schaulustige zurückweisen oder ihnen Aufträge erteilen.
3. Kommunizieren, d.h. verbal und nonverbal mit dem Betroffenen in Kontakt treten, insbesondere ihm aktiv Zuhören.
4. Teilnehmen, d.h. dem Betroffenen zeigen, daß man ehrlich an seiner Situation Anteil nimmt und daß man bemüht ist, ihn und seine Lage zu verstehen was natürlich nicht als Forderung mißverstanden werden darf, eine etwaige ohnmächtige Betroffenheit auszudrücken.

Das Konzept SAFER:
S = Stabilisieren / A = Anerkennen / F = Fördern / E = Ermutigen / R = Rückgewinnen
1. Stabilisieren = Struktur geben
• Sich kurz vorstellen, Beziehung herstellen
• Die Betroffenen von den Stressoren wegbringen
• Für passende Umgebung sorgen
2. Anerkennen = Erzählen lassen
• Erzählen fördern: Betroffene beschreiben lassen, was passiert ist und was die persönlichen Reaktionen waren
• Keine Ratschläge, Interpretationen, Bewertungen
3. Fördern = Verstehen der eigenen Reaktion
• Die betroffene Person die Symptome als normale Reaktionen sehen lassen bzw. erklären
• Das Verständnis für die eigenen Reaktionen fördern
4. Ermutigen = zur angemessenen Bewältigung
• Zusammenhänge zwischen Ereignis, Stress und Bewältigung erklären oder in Erinnerung rufen
• Ermutigen bisherige Stressbewältigungen wieder anzuwenden
• Plan für die nächsten Stunden / nächsten Schritte
5. Rückgewinnen = eigenständiges Handeln und Funktionieren
• Beurteilung der aktuellen Funktionsfähigkeit
• Information über erwartbare Reaktionen im sozialen Umfeld und den Umgang damit
• Organisation weiterer Unterstützung oder Hilfe

Was nützt Religion?

Den Aspekt der "Nützlichkeit" mag man in dem Zusammenhang deplatziert finden, aber er ist bezeichnend für unsere Zeit. SRF 1 widmet die erste „Sternstunde Religion“ im Jahr 2020 (So 5. Jan.) diesem Thema und stellt die Frage dem bekannten deutschen Soziologen Hartmut Rosa. Das Gespräch mit ihm dreht sich darum, wie gelingendes Leben in der Beschleunigungslust der Spätmoderne aussehen kann. Eine seiner Antworten darauf, ist die religiöse Erfahrung. Gemäss Rosa hat der Mensch eine tief gehende Sehnsucht nach einem anderen Welterleben, nämlich nach Resonanzbeziehungen.

Man möchte berührt und bewegt werden. Der ständige Zeit- und Aufgabendruck verhindere jedoch diesen lebendigen Austausch mit der Welt. Rosa betont die Unverfügbarkeit und spricht vom „sich anrufen lassen“. Dafür müsse man sich ganz auf etwas einlassen können. Erst in dieser Haltung des „Hörens“ und „Antwortens“ könne eine persönliche Verwandlung stattfinden. Zwei der genannten Stichworte, » Resonanz und » Unverfügbarkeit sind denn auch Titel zweier Bücher von Hartmut Rosa.

Beat Weber,

Link zum Beitrag:
» Olivia Röllin im „Sternstunde“-Gespräch mit Hartmut Rosa

Persönliche Bemerkung: Es fällt auf, dass in „sakularen“ Wissenschaftsdiszplinen wie etwa der Philosophie, der Soziologie und teil auch in Medizin/Psychologie/Pschotherapie in neuerer Zeit die Frage der Religion, der Transzendenz, der Spiritualität neuen Raum bekommt. Als Beispiel unter anderen ist neben Hartmut Rosa etwa » Jürgen Habermas zu nennen. Das Gespräch mit Rosa zeigt, das Beschleunigung, Optimierung und Verfügbarmachung der Welt zwar viel (Lust-)Gewinn einträgt, aber insgesamt anscheinend nicht zu-FRIEDEn macht. Daher das Ausstrecken nach Unberechenbarem, Unverfügbarem, nach Echos eines sachlichen oder persönlichen Gegenübers. Der Begriff der „Resonanz“ lässt gleichsam an eine Anlage denken, eine „Antenne“ im Menschen auf Transzendenz hin, die eine Interaktion ermöglicht. Man mag dabei an das berühmte Wort von Aurelius Augustinus in seinen „Bekenntnissen“ denken: „Denn zu dir hin hast du uns geschaffen, und unruhig ist unser Herz, bis er ruhet in dir.“ Anders als bei Augustin haben die (post)modernen Versuche ihren „Einstichpunkt“ beim Menschen und wollen vom Diesseits her das Transzendente erklären, erfassen, explorieren, erlebbar machen. Ob das oder der Unverfügbare sich derart meldet …?

Weiteres:
» Wikipedia zu Hartmut Rosa
» Vortrag von Rosa zu Resonanz: Soziologie des guten Lebens (Febr. 2017)
» Care & Religion / Spiritualität (R/S)?
» Bedeutsamkeit/Sinnhaftigkeit in Antonovskys Salutogenese

CH Suizidrate: mehr Männer als Frauen

2017 nahmen sich in der Schweiz 773 Männer das Leben. Bei den Frauen waren es 270. Gründe für diesen grossen Unterschied liegen in der Wahl der Suizid-Methode – oder auch im Umgang mit den eigenen Schwächen. Ein Blick auf die Suizidrate nach Alter und Geschlecht (siehe Statistik im Anhang unten) zeigt einen weiteren Unterschied: Während die Rate bei den Frauen praktisch konstant bleibt, erhöht sich die Suizidrate bei den Männern mit zunehmendem Alter massiv. Bereits bei Jugendlichen unterscheidet sich die Anzahl vollzogener Suizide zwischen jungen Männern und Frauen stark. Innerhalb von fünf Jahren (2013–2017) waren es 36 junge Frauen und 106 junge Männer, die sich das Leben genommen haben.

Beat Weber,

«Dass sich viel mehr Männer das Leben nehmen als Frauen heisst nicht, dass sich weniger Frauen das Leben nehmen wollen.» Thomas Reisch ist ärztlicher Direktor des Psychiatriezentrums Münsingen und forscht seit Jahren zum Thema Suizid.
Für Thomas Reisch ist klar, dass ein wichtiger Grund für den grossen Unterschied in der Wahl der Suizidmethode liegt. «Männer sind vertraut mit der Waffe, sie kennen sie beispielsweise aus dem Militärdienst und wissen, wie sie zu bedienen ist. Frauen haben diese Möglichkeit kaum.»

Und es gibt noch einen weiteren Grund, warum Männer, die Suizid begehen, oft harte Methoden wählen: «Männer wollen den letzten Akt unter Kontrolle haben. Ihnen spielt es keine Rolle, wie schrecklich sich das Bild präsentiert, wenn ihr Körper gefunden wird. Anders die Frauen: sie möchten den Körper unversehrt lassen und greifen deshalb eher auf Medikamente zurück.»

Links:
Zum Beitrag » Darum ist die Suizidrate vom Geschlecht abhängig (SRF 1, 16.12.19)

D: Psychosomatische Betreuung geflüchteter Syrer

35 % der Syrer finden den Weg in den Arbeitsmarkt. Psychosomatische Betreuung Geflüchteter trägt entscheidend zur Integration bei
Berlin – Derzeit leben rund 1,3 Millionen Geflüchtete in der Bundesrepublik. Wie gut sie in Deutschland integriert sind, hängt von vielen Faktoren ab – angefangen bei der Herkunft und erlebten Traumata über die psychosomatische Versorgung bis hin zu individuellen Eigenschaften und Erfahrungen im Ankunftsland. Mehrere aktuelle Studien verschiedener Psychosomatischer Kliniken befassen sich mit der psychischen Verfassung von Geflüchteten, mit den Chancen und Grenzen der psychosomatischen Versorgung und deren Einfluss auf eine erfolgreiche Integration. Die Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie (DGPM) nimmt die Untersuchungen zum Anlass, zum Thema Geflüchtete in Deutschland Resümee zu ziehen.

Pressemitteilung:
Seit Jahren macht die » Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie (DGPM) darauf aufmerksam, dass Geflüchtete intensive psychosomatische Betreuung und klare Aufenthaltsverhältnisse benötigen, damit eine erfolgreiche Integration in Deutschland gelingen kann. Eine aktuelle, noch unveröffentlichte Studie der psychosomatischen Abteilung des Universitätsklinikums in Erlangen belegt nun, dass 35 Prozent der syrischen Geflüchteten mit Aufenthaltserlaubnis inzwischen den Weg in die Arbeitstätigkeit finden. „Das ist als großer Erfolg zu werten, der unter anderem darauf zurückzuführen ist, dass sich bei den syrischen Geflüchteten vergleichsweise schnell der Aufenthaltsstatus klären lässt“ sagt Professor Dr. Yesim Erim, Leiterin der Psychosomatischen und Psychotherapeutischen Abteilung am Universitätsklinikum Erlangen.

Erst mit der Sicherheit einer dauerhaften Aufenthaltserlaubnis könne eine, sofern notwendig, zielführende psychosomatische Betreuung und Eingliederung in die Gesellschaft vorangebracht werden. Die Studie habe zudem gezeigt, dass die psychische Belastung von Geflüchteten wesentlich durch die Anzahl der erlebten Traumatisierungen im Heimatland sowie durch die wahrgenommene Diskriminierung durch ihre soziale Umgebung in Deutschland bestimmt werde. „Wir müssen uns bewusst sein: Auch in Deutschland Erlebtes kann zu einer weiteren Traumatisierung beitragen“, so Professor Erim. Beispielhaft nennt die Expertin die teils schlechte Versorgung in Ankunftszentren oder Ausgrenzungserfahrungen.

Weitere Ergebnisse wurden aus dem Bereich der staatlichen Unterstützung in Baden-Württemberg berichtet. Dort hatte die Regierung entschieden, 1000 jesidische Frauen und Kinder in das Bundesland zu holen und zu unterstützen. Ihre Betreuung wird von der Psychosomatischen Klinik am Universitätsklinikum Tübingen koordiniert. Auch drei Jahre nach Ankunft in Deutschland wiesen 93 Prozent der befragten Frauen eine posttraumatische Belastungsstörung auf. „Die psychosozialen Angebote tragen hier zwar zur Stabilisierung der Frauen bei – die in diesen Fällen jedoch sehr schweren Traumatisierungen im Herkunftsland zeigen, dass die Psychotherapie hier auch an ihre Grenzen kommt“, so Professor Erim. Die Fälle der jesidischen Frauen verdeutlichten, wie schwer das Erlebte auf vielen Geflüchteten laste und eine Integration behindern könne. „Das zeigt uns auch, dass wir kontinuierlich daran arbeiten müssen, psychosomatische Behandlungen individuell auf die Bedürfnisse der jeweiligen Geflüchteten anzupassen“, so Professor Erim.

Wie individuell angepasste Hilfe aussehen kann, zeigten zuletzt Forscher der Universität Leipzig: Sie entwickeln eine Selbsthilfe-App für traumatisierte syrische Flüchtlinge in Deutschland. Die arabischsprachige App mit verhaltenstherapeutischen Elementen soll bei der Bewältigung von traumatischen Kriegs- und Fluchterfahrungen helfen. Geplant ist, dass die App ab 2020 für digitale Endgeräte wie Smartphones kostenfrei zur Verfügung gestellt werden kann.

„Als Fachgesellschaft können wir sagen, dass die Arbeit in der Psychosomatik in den letzten Jahren stark geprägt war von den ankommenden, teils schwer traumatisierten Geflüchteten. Wie gut und wichtig eine angemessene psychosomatische Betreuung ist, zeigen aktuell die Zahlen über syrische Geflüchtete aus Erlangen“, so Professor Dr. med. Harald Gündel, Mediensprecher der DGPM aus Ulm. Dass über ein Drittel dieser größten Gruppe Geflüchteter in den Arbeitsalltag findet, sei auch als gemeinsamer Erfolg der einheitlichen Bemühungen der psychosomatischen Abteilungen deutscher Universitätskliniken zu werten.

Weiteres:
» Kontakt für Rückfragen: DGPM, Janina Wetzstein, Postfach 30 11 20, D-70451 Stuttgart
Tel.: 0049 711 8931 457;
» Syrische Flüchtlinge in der Schweiz

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Beat Weber,

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• Hinweise auf Medien (TV, Bücher etc.).
• Grundsatzartikel zum CARE-Bereich.
• Hinweise auf Angebote der Aus- und Weiterbildung für Aktive und Interessierte.
• Agenda mit Hinweisen auf Veranstaltungen, Kurse und anderes mehr.

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